Ein Tag ohne Nacht: Über die Folgen der Lichtverschmutzung

Lichtverschutzung Sternenhimmel

Die Milchstraße - auf 60 % der Fläche Deutschlands nicht mehr zu erkennen.

Hast Du schon einmal die Milchstraße am Firmament gesehen? Nein? Damit bist Du nicht allein – denn auf mehr als 60 % der Fläche Deutschlands ist dies durch die fortschreitende Lichtverschmutzung auch nicht mehr möglich. Was Lichtverschmutzung sein soll? Ich erzähle Dir in diesem Beitrag mehr über dieses wichtige Thema.

Lichtverschmutzung: Unser Tag-Nacht-Zyklus wird gestört

Licht ist essentiell für uns Menschen: Sonnenlicht nährt uns und unseren Körper, sorgt dafür, dass das überlebenswichtige Vitamin D gebildet werden kann und wird von den Pflanzen für ihre Photosynthese benötigt. Doch nicht jede Lichtquelle hat solch positive Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt: Die immer stärker fortschreitende Dauerbeleuchtung in Städten (und mittlerweile auch schon in Dörfern) kostet Mensch und Tier nicht nur das Erlebnis dunkler, ungestörter Nächte - sondern soll auch der Gesundheit schaden: Immer häufiger berichten Studien von gestörter Hirnfunktion und einem erhöhten Diabetesrisiko.

Die Schlafmaske kam bis vor einiger Zeit meist nur auf Langstreckenflügen zum Einsatz. Mittlerweile gibt es aber immer mehr Menschen, vorwiegend in Städten, die auch zu Hause in der eigenen Wohnung nicht darauf verzichten können. Leuchtreklame, vorbeifahrende Scheinwerfer von Autos oder helle Straßenbeleuchtung: All diese Lichtquellen tragen erheblich zu einem Phänomen bei, das unter dem Begriff „Lichtverschmutzung“ bekannt wurde. Darunter versteht man den übermäßigen Einsatz von Beleuchtungsmitteln, welche auch nachts nicht ausgeschalten werden. In Industriegebieten, der Innenstadt und teilweise auch schon in ländlichen Gebieten gibt es kaum mehr die Möglichkeit, sich über einen ungetrübten Sternenhimmel zu erfreuen, da die Lampen am Boden diese nahezu unsichtbar machen. Was bedeutet diese „Dauerbeleuchtung“ unserer Lebensräume für unseren Tag-Nacht-Zyklus und damit auch für unseren Schlaf und für die Natur?

Die nächtliche Helligkeit und der Melatoninspiegel

Wie viele Prozesse unseres Körpers wird auch der Schlafrhythmus des Menschen von einem Hormon gesteuert: Das als „Schlaf-Hormon“ bekannte Melatonin ist für den Tag-Nacht-Rhythmus unseres Organismus verantwortlich - den sogenannten zirkadianen Rhythmus. Melatonin wird in der Zirbeldrüse im Gehirn aus Serotonin hergestellt.
Das Hormon wird nur bei Dunkelheit ausgeschüttet, weshalb wir abends auch müde werden. So lange es dunkel ist, bleibt dies auch so, bis in den frühen Morgenstunden der Melatonin-Spiegel dann wieder sinkt, da durch das Tageslicht die Produktion gehemmt wird. Mediziner warnen eindringlich vor den möglichen Folgen für die menschliche Gesundheit, wenn Melatonin nicht mehr ausreichend produziert wird. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wem das Schlafhormon Melatonin dauerhaft fehlt, für den steigt beispielsweise das Brustkrebsrisiko.

Forscher der Universität von Colorado veröffentlichten nun eine Studie, die belegt, dass einer der Hauptgründe für Schlafstörungen im Mangel an natürlichem Licht tagsüber und dem Fehlen von Dunkelheit nachts begründet ist.
Um dies zu untersuchen, wurde der Melatoninspiegel von Menschen gemessen, die in der Wildnis übernachteten. Dabei zeigte sich, dass bereits ein Wochenende Abstinenz von der städtischen Beleuchtung den Melatoninspiegel der Probanden signifikant erhöhte. Bedeutet: Wer dunkel schläft, schläft besser. [1]

Grelle Dauerbeleuchtung und ihre Auswirkungen auf die Natur

Seit Millionen von Jahren orientieren sich Flora und Fauna am Licht. Es gibt sowohl tagaktive als auch nachtaktive Lebewesen, Licht ist für sie alle von essentieller Bedeutung.
Besonders problematisch ist das künstliche Licht in den Städten und Ballungsräumen natürlich für nachtaktive Tiere. Dazu zählen viele Insekten, Vögel, Reptilien, Fledermäuse und einige andere Säugetiere, darunter auch Füchse oder Dachse, die sich wegen des besseren Nahrungsangebots häufig in urbanen Gebieten aufhalten.

Die biologischen Auswirkungen der Lichtverschmutzung sind vielfältig und reichen von Blendung und Desorientierung über gestörte sowie eingeschränkte Futtersuche, veränderte Räuber-Beute-Beziehung, verhinderte Ruhephasen und ein verändertes Interaktions- sowie Fortpflanzungsverhalten. [2]

Weltweit soll die Lichtverschmutzung jährlich um etwa sechs Prozent zunehmen. Es häufen sich Vorfälle wie diese: Straßenlaternen werden zur Todesfalle für Insekten (Schätzungen zufolge sollen in Deutschland um die 180 Milliarden Insekten pro Jahr durch Straßenlaternen verenden, deren Licht sie magisch angezogen hat), Vögel prallen gegen hell erleuchtete Hochhäuser, Meerestiere und Fledermäuse wissen sich nicht mehr zu orientieren.

Neben dem Problem, das sich für nachtaktive Tiere auftut - die eigentlich über Jahrmillionen gelernt haben, sich im Dunkeln zu orientieren - kann sich die Lichtverschmutzung auch negativ auf die Pflanzenwelt auswirken, für die der Wechsel von Tag und Nacht für die Photosynthese wichtig ist. „Das Kunstlicht kann das Pflanzenwachstum behindern und so die Nahrungsgrundlage für viele Tierarten - etwa für Fische - beeinträchtigen“, sagt der Wissenschaftler Christopher Kyba vom Deutschen Geoforschungszentrum, der sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzt. (3)

Was die Lichtverschmutzung für die Natur bedeutet – am Beispiel der Nachtfalter

In den hell erleuchteten Städten kann die Insektensterblichkeit verschiedenen Studien zufolge um die 40 bis 100-mal höher sein als auf dem normalerweise etwas dunkleren Land. So hat ein Forschungsteam um Franz Hölker vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei untersucht, in welchem Ausmaß Straßenlaternen den Flugplan von Nachtfaltern durcheinanderbringen können.

Im Naturpark Westhavelland, der etwa 70 Kilometer nordwestlich von Berlin liegt, haben die Wissenschaftler mehrere herkömmliche Straßenlampen neben- und hintereinander aufgestellt. Der Naturpark gilt als einer der dunkelsten Gebiete Deutschlands.

Das Experiment hat gezeigt, dass nur eine einzige brennende Lampe in einem Umkreis von rund 23 Metern Nachtfalter anlockt. Die Straßenlaternen in europäischen Städten stehen meist zwischen 25 und 45 Metern auseinander, teilweise überlappen sich die Lichtkegel aber auch.
Den Insekten fällt es in Städten also sehr schwer, überhaupt weiterzufliegen. Die meisten Falter in dem Experiment wurden von den am Rande des Versuchsfeldes stehenden Lampen abgefangen, nur sehr wenige erreichten überhaupt die Mitte davon.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass "beleuchtete Straßen wie Barrieren wirken, die Nachtfalter am Weiterfliegen hindern", meint Franz Hölker. Das Überwinden dieser „Lichtbarrieren“ kostet viel Energie, wenn die Falter es denn überhaupt schaffen. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Partnerwahl und die Fortpflanzung aus. Nachtfalter können es sich kaum leisten, lange mit der Partnerwahl zu warten. Das Erwachsenenleben eines solchen Insekts dauert in der Regel nur sieben bis zwölf Tage – so kann es also passieren, dass die Falter sich durch das Licht gar nicht oder nicht mehr in der fruchtbaren Phase finden.

Lichtverschmutzung Nachtfalter

Künstliche Lichtquellen erschweren nachtaktiven Insekten die Orientierung Dies hat erhebliche Folgen auch für die Pflanzenwelt.

Nachtfalter bestäuben Orchideen

Franz Hölker hält es durchaus für wahrscheinlich, dass die Lichtverschmutzung einen Beitrag zum momentanen Insektensterben geleistet hat und dass sich dies auch in Zukunft eher verschlimmern als verbessern wird.

Callum MacGregor von der University of Hull in Großbritannien und seine Kollegen zeigen mit einer Liste, welche Folgen das haben könnte: Sie suchten Pflanzen, die sich von nachtaktiven Faltern bestäuben lassen. Insgesamt 289 Gewächse aus 75 verschiedenen Familien zählen ihren Untersuchungen zufolge dazu. Das Spektrum ist breit: Kakteen, Nelken und Korbblütler, aber auch Orchideen sind zum Teil auf das Bestäuben durch Motten angewiesen. Unter den „Nachtfalter-Abhängigen“ befindet sich auch die ökonomisch sehr wichtige Ölpalme.

Callum Macgregor und sein Team fanden Hinweise darauf, dass das grelle Kunstlicht die Bestäubungsleistung der Insekten reduzieren kann: In Feldern nahe der englischen Stadt Wallingford trugen 23 Prozent der untersuchten Motten Pollen von mindestens 28 Pflanzenarten bei sich. Die Falter hielten sich aber zum Großteil in der Nähe von Lichtquellen der Stadt auf, als zu Blüten zu flattern. Die Artenvielfalt soll zudem um mehr als ein Viertel gesunken sein. Wenn die Falter dermaßen darunter leiden, könnte dieses Problem auch bei vielen anderen Insektenarten bestehen, was fatal für den Fortbestand unserer artenreichen Pflanzenwelt wäre. [4]

Das Ausmaß des Problems ist noch zu wenig präsent

Die fortschreitende Lichtverschmutzung ist anhand eines Beispiels anschaulich zu erklären: So soll Schätzungen zufolge eine Stadt mit 30.000 Einwohnern den Himmel in einem Umkreis von etwa 25 Kilometern unnatürlich aufhellen. Mit diesen Zahlen vor Augen, kannst Du Dir bestimmt vorstellen, wie drastisch die Auswirkungen im Falle von Großstädten wie Berlin oder Hamburg sind.

Die Probleme dieser unnatürlichen „Erleuchtung“ unserer Lebensräume „seien schon lange bekannt, doch zu wenig präsent“, bemängelt der Kölner Astronom Harald Bardenhagen. „Wir gehen nicht nachhaltig mit Licht um“, so lautet die Kritik des Forschers – so sei es mittlerweile sogar möglich, die blauen Anteile in Kunstlicht, die die Bildung des Schlafhormons hemmen, herauszufiltern. [5]

5 Orte in Deutschland, an denen es noch keine Lichtverschmutzung gibt

Trotz dieser bedenklichen Entwicklungen gibt es auch in Deutschland noch Gebiete, die nahezu vollständig von der Lichtverschmutzung verschont geblieben sind. Hier können Sternenbilder und Nachthimmel noch ungetrübt beobachtet werden und auch die Tier- und Pflanzenwelt ungestört leben. Zu diesen Orten zählen:

• Der weiter oben schon erwähnte Naturpark Westhavelland. Dieser trägt den Titel „International Dark Sky Reserve“.
• Der Nationalpark Eifel rühmt sich seit 2014 mit der Auszeichnung als Sternenpark der International Dark Sky Association.
• Das UNESCO Biosphärenreservat Rhön macht den Blick in die Sterne ebenfalls uneingeschränkt möglich.
• Auch das Biosphärengebiet Schwäbische Alb ist vertreten.
• Die Zugspitze ist mit 2.962 Metern Höhe der höchste Ort Deutschlands und eignet sich daher besonders gut für einen klaren Blick in den nächtlichen Himmel. [6]

Lichtverschmutzung: Was Du dagegen tun kannst

Wenn Du nicht wegsehen möchtest und nach diesen Ausführungen motiviert dazu bist, der Lichtverschmutzung und der damit einhergehenden Zerstörung von Lebensräumen entgegenzuwirken, möchte ich Dir abschließend noch ein paar Tipps mit auf den Weg geben, die Dich dabei unterstützen sollen.

1. Frage Dich: Ist diese Lichtquelle notwendig? Gehe bewusst durch Dein Haus/Deine Wohnung und Deinen Garten und überprüfe, ob die existierenden Lichtquellen auch wirklich nötig sind (z.B. Weihnachtsbeleuchtung, die die ganze Nacht über brennt.)

2. Achte auf die Ausrichtung des Lichts: Künstliches Licht sollte nicht nach oben strahlen. Wenn Du nahe am Waldrand oder in der Natur wohnst, verzichte falls möglich auf Außenbeleuchtung. Zudem kannst Du die Lichtquellen durch Abschirmungsmaßnahmen dorthin lenken, wo sie auch wirklich gebraucht werden.

3. Passe die Helligkeit an: Die Beleuchtungsstärke und Beleuchtungsdichte sollte immer dem Zweck der Beleuchtung angepasst werden. Bläuliches, sehr helles Licht an weißen Außenmauern kann durch die Reflektion noch heller wirken. Die Stärke der Beleuchtung sollte Tieren und Umwelt zuliebe auf ein Minimum gesenkt werden.

4. Licht ausschalten und Zeitschaltuhren einsetzen: Vergewissere Dich beim Verlassen des Wohnraumes, dass Du das Licht ausgeschaltet hast. Zudem können Zeitschaltuhren oder Bewegungsmelder für bestimmte Räume eine nützliche Investition sein, wenn sie richtig eingestellt sind.

5. Ziehe nachts die Vorhänge zu: Achte am besten darauf, dass nicht zu viel Licht, vor allem solches, das von LED-Lampen ausgestrahlt wird, von Deiner Wohnung nach außen dringt. Dafür kannst Du abends und nachts die Vorhänge zuziehen oder die Jalousien schließen.

 


Quellenangabe:

(1) https://www.profil.at/wissenschaft/lichtverschmutzung-nacht-beleuchtung-7984382
(2) http://homepage.univie.ac.at/thomas.posch/endedernacht/endedernacht.html
(3)http://www.focus.de/wissen/videos/atlas-der-lichtverschmutzung-in-diesen-deutschen-staedten-sehen-sie-die-sterne-kaum-noch_id_5616616.html
(4) http://www.spektrum.de/news/lichtverschmutzung-bedroht-insekten/1423701
(5) https://www.welt.de/gesundheit/article138739195/Warum-den-Menschen-die-Dunkelheit-fehlt.html
(6) https://www.it-zoom.de/mobile-business/e/10-orte-ohne-lichtverschmutzung-13268/

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