Über das Tragen von Babys

 

Es ist einfacher, starke Kinder aufzubauen,
als kaputte Erwachsene zu reparieren. 

Frederick Douglass (1818-1895)

 

 

In den meisten Kulturen ist es auch heute noch selbstverständlich, dass Babys getragen werden.

 

 


Menschenbabys sind Traglinge. Dieses Wissen pflegen die meisten Kulturen noch heute. In den meisten afrikanischen Ländern werden kleine Kinder mit einer Selbstverständlichkeit auf dem Rücken getragen, die wir kaum noch kennen. Im „Westen“ aber, wo an die Überlegenheit des technischen Fortschritts geglaubt wird, werden Säuglinge in Kinderwagen, Wiegen und Autositzen verstaut, um der Welt präsentiert zu werden und so früh wie möglich zur Selbstständigkeit „erzogen“ zu werden. Dabei ist die körperliche und emotionale Nähe, die das Kind beim Tragen erfährt, gerade im ersten Lebensjahr unerlässlich.

In den ersten Wochen und Monaten des Lebens sind Babys mit einer völlig neuen Situation konfrontiert – dem Leben auf der Erde. Genau hier ist der Zeitpunkt, eine gute Grundlage für ein gesundes Urvertrauen zu schaffen. Genauso verhält es sich im Umkehrschluss: Wenn im ersten Lebensjahr diese Grundlage nicht geschaffen wird, dann wird das Urvertrauen nachhaltig erschüttert. Im Laufe eines Lebens kann so eine große Schwierigkeit entstehen, die oftmals in Beziehungsproblemen, oder gar in Alkohol- und Drogenmissbrauch münden kann.

Verwöhnt man das Kind durch das Tragen?

Dagegen wird argumentiert, dass kleine Neugeborene nicht verwöhnt werden sollten. Der Beigeschmack von Kritikern bezieht sich dabei vor allem auf ein „Verziehen“ des Kindes, dem durch das ständige Tragen – laut Argumentation – das Gefühl vermittelt wird, es bekomme alles, was es möchte. Erfahrene Hebammen und Stillberaterinnen wissen jedoch: Neugeborene können überhaupt nicht verwöhnt werden. Denn das Tragen entspricht der menschlichen Natur und befriedigt das Grundbedürfnis nach Nähe, Geborgenheit und Wärme. Wir wissen aber durch grausame Kasper-Hauser-Versuche , die mit Menschenaffen nachgestellt wurden, dass ihre Bedürfnisse nicht auf Nahrungsaufnahme und Nahrungsausscheidung begrenzt sind, sondern auch die körperliche Nähe der Eltern beinhalten. Wenn wir also dieses soziale Grundbedürfnis befriedigen, dann hat dies am wenigsten mit einem „Verziehen“ zu tun, sondern mit respektvollen Umgang und Akzeptanz der natürlichen Bedürfnisse des Kindes.

Das Baby kann direkt die mütterliche Wärme und ihren Herzschlag hören und spüren. Ihm wird so das Gefühl der Geborgenheit vermittelt, welches es noch aus dem Mutterleib kennt. Es weiß – ihm kann nichts passieren, er braucht sich vor nichts zu fürchten, denn er ist in Sicherheit – und Sicherheit schafft Vertrauen.

Vielleicht weißt Du, wie wichtig Vertrauen auch im Erwachsenenalter ist. Vielleicht hast Du selbst Schwierigkeiten, anderen zu vertrauen, oder kennst Menschen, die als kleines Kind völlig verwahrlost wurden und noch heute mit den Schäden an ihrem Urvertrauen zu kämpfen haben. Viele von uns „Erwachsenen“ haben irgendwann dieses Vertrauen verloren oder es gar nicht richtig entwickeln können und versuchen, mithilfe von Spiritualität, Religion und Ritualen, dieses Vertrauen wieder aufzubauen. Dabei ist es doch viel einfacher, gleich von Anfang an gesunde und glückliche Kinder aufzuziehen, als die Jugendlichen und Erwachsenen „reparieren“ zu müssen.

Körperliche und emotionale Vorteile des Tragens

Doch nicht nur die seelische Ebene wird durch das Tragen stimuliert. Die natürliche Anhock-Spreiz-Haltung unterstützt die körperliche Entwicklung des Babys und beugt Hüftdysplasien vor. Man hat auch herausgefunden, dass die körperliche Wärme und die Massagebewegungen, die durch die Nähe entstehen, Koliken lindert und den Stoffwechsel des Babys anregt. Außerdem wird die Muskulatur der Kleinsten bereits gefordert, da sie öfter Impulsen ausgesetzt ist als zum Beispiel im Kinderwagen, in welchem sie rein passiv auf dem Rücken liegen.

Das Tragen stärkt auch die soziale Kompetenz, da das Baby ständig auf Augenhöhe mit der Umwelt ist und aktiv am Geschehen teilnehmen kann. Es fühlt sich gleichwertig mit den Erwachsenen und ist in der Lage, bei sozialen Interaktionen auf die Reaktion der Mutter zu achten. So kann es verstehen, ob eine gefährliche Situation vorliegt, oder ob es keinen Grund zur Sorge gibt – es lernt, Situationen zu vertrauen.

Es gibt viele Gründe für das Tragen, z.B. im Tragetuch – auch aus Sicht der Eltern. Die Mutter hat – anders als mit einem Kinderwagen – beide Hände frei und kann sich frei bewegen. Selbst Treppen, öffentliche Verkehrsmittel und volle Fußgängerzonen sind kein Problem mit einem Baby im Tragetuch. Aus praktischen Gesichtspunkten ist ein Tuch oder eine Tragehilfe sehr viel platzsparender als ein Kinderwagen.

 

Wärme, Nähe und Geborgenheit sind für ein Baby wichtiger als "Erziehung"

 

Fazit

Es geht darum, unsere Kinder und ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen und auf sie als gleichwertige Persönlichkeiten einzugehen. Wir verziehen sie nicht, wenn wir ihnen das Gefühl von Nähe vermitteln oder wenn wir sie auf den Arm nehmen, wenn sie schreien. Das Schreien ist ihre einzige Kommunikationsmöglichkeit, zumindest in den ersten Lebensmonaten. Es geht vor allem darum, das Leben in ihnen respektvoll anzuerkennen, und nicht aus einer Position der Überlegenheit heraus zu handeln, wenn wir mit ihnen in Beziehung treten, sondern aus einer respektvollen, liebevollen Position.
Letztendlich geht es darum, unser modernes Verständnis von Erziehung zu überdenken und es mehr und mehr mit einer liebevollen und respektvollen Beziehung zu dem Kind zu ersetzen. Das Tragen unserer Kinder ist eines der natürlichsten Bedürfnisse, das wir ihnen aus Liebe und Respekt erfüllen können.

In diesem Ratgeber findest Du viele wertvolle Hinweise für einen natürlichen und liebevollen Umgang mit Deinem Baby.

 

Und auch hier geht es um unsere Kleinsten:

Von der Wichtigkeit des Stillens für die Mutter-Kind-Beziehung und die Gesundheit des Babys

Babys schreien lassen?

Baby Led Weaning - Beikost ohne Brei

Kinder brauchen eine Mutter

Klinikgeburt und Hausgeburt im Vergleich

 

Filter schließen
Filtern nach:
Unsere beliebtesten Artikel
© Regenbogenkreis / Matthias Langwasser - Alle Rechte vorbehalten. Dieser Text und die enthaltenen Bilder unterliegen dem Urheberrecht und anderen Gesetzen zum Schutz geistigen Eigentums. Dieser Artikel darf ohne Genehmigung weder kopiert oder veröffentlicht werden. Eine Verlinkung direkt auf die jeweilige Text-Seite sowie das Teilen in sozialen Netzwerken sind erlaubt und erwünscht.
Bitte gib die Zahlenfolge in das nachfolgende Textfeld ein:

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

Erfahre hier, wie wir bereits
2.147.483.647m²
Regenwald schützen konnten!